Search
Close this search box.

Die Lage an der 4531km Strecke

Ein knapper Monat ist vergangen seit dem wir von unserer 4531km.eu Bustour zurückgekommen sind. Die letzten Abschlussinterviews werden veröffentlicht. Wir hatten etwas Zeit um das erlebte zu verarbeiten und die letzten Abschlussarbeiten für das Projekt zu machen.

Doch die Tour ging weiter. Zumindest in den Ländern und an den Orten an denen wir gewesen sind. Stichwort Prag: Heute (17.11.14) traf Bundespräsident Gauck ein nicht für ihn vorgesehenes Ei im Gesicht. Zielscheibe war wohl eher der Staatspräsident von Tschechien – Milos Zeman. Gegen Zeman wurde in Prag demonstriert und das, laut SPIEGEL ONLINE, u.a. wegen seiner kruden Ausfälle:

„So bezeichnete der Staatschef kürzlich in einem Radiointerview die Mitglieder der russischen Punkband Pussy Riot, die Präsident Wladimir Putin scharf kritisiert hatten, als Huren. Auch irritierte er zuletzt viele Tschechen mit seinem pro-russischen Kurs.“

Da ist auf jeden Fall gut was los. Denn die Proteste scheinen erst zu starten.
Die spannende historische Verknüpfung mit unserer Tour war hier, dass wir genau am gleichen Tag – jedoch 25 Jahre später – an der Botschaft (damals Westdeutschland) waren.
Byy8nCdIgAAZtUs

Byy9_JwIQAAKu3y
Mehr dazu in unserer 4531km Dokumentation im Frühjahr 2015.

Die vielleicht politischste Station unserer Reise war aber vielleicht Budapest. Dort gibt es seit längerer Zeit einen großen Streit über die Neubewertung der Geschichte Ungarns. Dieser dreht sich um den Aufbau eines Besatzungsdenkmals für die Opfer der Nazis ab 1944. Das Problem: Ungarn war ein enger Verbündeter der Faschisten aus Deutschland. Historiker und Opferverbände sind entsetzt da nun ungarische Täter und ungarische Opfer der Faschisten auf eine Stufe gestellt werden. Schwieriges Thema.
Ob die (kaum vorhandenen) Proteste gegen das Denkmal auch ein Funke waren für die Demonstrationen die direkt nach unserer Tour in Ungarn starteten kann ich nicht bewerten. Die zeitliche Nähe drängt sich zumindest auf!
Ministerpräsident Viktor Orban stellte nämlich Ende Oktober 2014 einen umstrittenen Gesetzentwurf vor, der den Internetverkehr besteuern sollte. Ein klarer Angriff auf die Meinungsfreiheit! Daraufhin regte sich so starker zivilgesellschaftlicher Aufruhr, dass dieses Vorhaben zumindest zeitweise auf Eis liegt. Die Proteste gegen Orban und seine als „korrupt und undemokratisch“ bezeichnete Politik gehen weiter – Ausgang ungewiss.

Budapest Occupy Movement office #4531km

Budapest Occupy Movement office #4531km

Da ist es ein Lichtblick, wenn wir nach Rumänien schauen. Denn dort hat der Außenseiter Klaus Johannis die Präsidentschaftswahlen gewonnen.

Viele unserer 4531km.eu GesprächspartnerInnen hatten bei unserem Besuch wenig Hoffnung, dass Johannis gewinnt. Viele unterstützten auch alternative KandidatInnen der ersten Wahlrunde zum Präsidentenamt – doch in der Stichwahl wohl auch den späteren Gewinner.

So ist also aus Rumänien heraus ein Zeichen gesetzt worden in Richtung Europa, gegen Korruption und für mehr Pluralität und Meinungsfreiheit. Vielleicht werden wir uns an diese positiven Tage des Aufbruchs in Südosteuropa nochmal erinnern, denn es wäre so wichtig ähnliche Erfolge in anderen Ländern zu erleben.

In Bulgarien bleibt die Lage trotz neuer Regierung instabile und bitter. Das Land steckt zwischen EU-Außengrenze und Hoffnungslosigkeit fest.

Die Antwort auf alle diese Entwicklungen ist erschreckend einfach. Wir, insbesondere in Deutschland, müssen unseren Blick viel stärker auf die Länder in Südosteuropa richten und mit den Kreativen und Aktiven in Kontakt kommen. Die EU-Institutionen und Stiftungen der westlichen Länder ersetzen keinen direkten Austausch zwischen Europas BürgerInnen und den Aufbau einer authentischen Zivilgesellschaft. Vielleicht kommt aus der Region der entscheidende Impuls für die europäische Integration. Wir müssten uns nur dafür interessieren.

Viel zu wenige attraktive Magazine informieren in Deutsch über die Länder in Osteuropa. http://ostpol.de/ kann ich unterstützen.